Johnson stuft Toskana 2003 herab

Wein

Hugh Johnson vergibt ja bekanntlich keine Punkte für Weine, aber man kann sehr gut zwischen den Zeilen lesen. Im soeben erschienenen Kleinen Johnson 2009 heißt es über den Jahrgang 2003 in der Toskana: „Der hohe Zuckergehalt der Trauben hatte viel Alkohol in den Weinen zur Folge, mit grünen Tanninen für früh erntende Erzeuger und säurearme Marmeladigkeit für jene, die später lasen.“ Klingt nicht so doll. In der Vorjahresausgabe hieß es noch: „Großer Erfolg mit spät reifenden Sorten (Sangiovese, Cabernet Sauvignon), weniger mit Merlot.“ Wenn das keine Herabstufung ist vom großen Erfolg zur säurearmen Marmeladigkeit. Es scheint Zeit zu werden, die 2003er Bestände langsam in Mageninhalt und Blutalkohol umzuwandeln…

Zum sofortigen Genuss habe ich mir heute hingegen einen Vino Nobile aus dem Jahr 2004 vorgeknöpft, Loggia delle Sassaie, ein weitaus besseres Jahr, auch nach der neuesten Diktion. Der zeigt sich noch verschlossen, mit deutlichen, Gerbstoffen, bitter, warm und insgesamt noch nicht ausgewogen. Eine deutliche Strenge paart sich mit der frischen Säure. Die Tannine herrschen auch im Abgang vor. Im Aroma ist viel Holz, Nelke, Pfeffer, aber auch Vanille und Schokolade, ein bisschen Kirsch. Etwas marmeladig, etwas grün. Muss man mal abwarten, wie er sich entwickelt…

Loggia della Sassaie, Vino Nobile di Montepulciano 2004
Vino Nobile di Montepulciano DOCG
Italien/Toskana

Rot; 13,5 % Alkohol
24 Monate im Fass

Vino-Nobile-Skandal

Kost

Dass nun der Vino Nobile seinen Brunello-Skandal bekommen hat, wundert mich doch, denn die Aktien des Nobile stehen nicht so hoch im Kurs, dass sich ein Schummeln lohnt, und auch die Vorschriften sind längst nicht so streng wie die für Brunello. Nobile muss nur aus mindestens 70 Prozent Sangiovese bestehen.

Dennoch hat die Polizei einige Produzenten durchsucht, die eher auf Masse ausgerichtete Vecchia Cantina und pikanterweise Gattavecchi, deren Chef Luca Gattavecchi auch gleichzeitig Vorsitzender des Consorzio del Vino Nobile di Montepulciano war. War, denn er ist vor zwei Tagen zurückgetreten, da das Consorzio über die Einhaltung der Vorschriften bei den Produzenten wachen soll. Ein Berlusconi im Kleinen. Chef ist nun vorläufig Federico Carletti von Poliziano.

Mit dieser zügigen Entscheidung möchte das Consorzio wahrscheinlich dem Schicksal entgehen, dass das Consorzio del Vino Brunello ereilt hat. Es wurde ebenfalls vor zwei Tagen vom italienischen Landwirtschaftsminister Luca Zaia (Lega Nord) entmachtet.

Quellen: Wein Plus, Reuters Italia, AGI

Nachtrag: Auch The Pour hat einen Bericht über das entmachtete Brunello-Konsortium.