Animation zum Klimawandel. Gletscherschwund in den Alpen

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Neues Projekt Datenjournalismus: Die Gletscher in den Alpen schwinden rapide. Meine Animation, die auf vielen, echten Messdaten basiert, visualisiert diesen Verlust im Verlauf der Jahre seit 1881. Jeder Kreis steht dabei für einen echten Gletscher und zeigt das Schrumpfen seiner Fläche.

Es gibt eine relative Darstellung, bei der alle Gletscherkreise gleich groß starten, und eine absolute Darstellung. Hier starten die Kreise entsprechend der Größe des Gletschers. Im Bild oben ist Absolut gewählt, sodass der Aletschgletscher in der Schweiz alles überragt. Zur Animation und zu weiteren Erklärungen.

Fettbälle — eine psychodelische Animation

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Fettbälle sind eher ein Vogelfutter (auch Meisenknödel genannt) und weniger ein Gericht für Menschen, was das eigentliche Thema dieses Blogs ist. Dennoch möchte ich auf ein nichtkulinarisches Projekt von mir hinweisen: Meine psychodelischen Fettbälle, die mich in den letzten Wochen beschäftigt haben. Eine Animation aus Java Script mit vielen bunten Kugeln, mal groß, fett und behäbig wie die Knödel, mal klein und flinkt wie die Meisen. Viel Spaß damit — und Kritik ist immer Willkommen!

Salade Nicoisée mit Ranch Dressing und Bacon-Bits on top

GenFood und JunkFood, Kost, Wein

Wer den Witz in der Überschrift nicht verstanden hat, kennt den Film „Ein gutes Jahr“ von Ridley Scott (Alien) nicht. Diesen muss man nicht unbedingt gesehen haben, aber eine Szene ist wirklich gut, wie zwei Amerikaner in Südfrankreich einen „Salade Nicoisée mit Ranch Dressing“ bestellen:

 

Im Film dreht sich alles um ein fiktives Weingut, das ein englischer Banker erbt und sich in eine temperamentvolle Französin verliebt… Naja. Die Szenen wurden auf Château la Canorgue im Luberon gedreht. Dieses mustergültige, provenzalische Château haben wir von ein paar Wochen besucht, ein paar Flaschen mitgenommen und konnten letztens der Versuchung nicht widerstehen, einen Salade Nicoise mit Ranch-Dressing und – gerösteten Speckwürfeln („Bits“) zu testen. Vorweg: Das Ergebnis ist eher zweifelhaft, das aber passt zum Wein.

 

Salade Nicoise

Dieser provenzalische Salat ist ein bisschen ein Freiflug bezüglich der Zutaten, die hineingehören. Meiner Meinung nach reduziert sich die Minimalzusammensetzung auf grüne Bohnen, hartgekochte Eier und Thunfisch. Dann natürlich die ganze Pracht des Mittelmeers: Zwiebeln, Tomaten, Paprika, Kapern, schwarze Oliven, Basilikum usw. Speck ist eher ungewöhnlich … aber naja. Normalerweise gibt es als Sauce eine Vinaigrette, eine Emulsion aus Essig, Olivenöl und Salz. Gerne kommt ein Löffel grober Senf hinzu und natürlich Gewürze wie Pfeffer, Knofi und Schnittlauch. Das Ganze wird gut verschlagen, um sich fein zu verbinden – im Unterschied zur italienischen Art, Öl und Essig getrennt mit dem Salat zu vermengen.

Im Englischen heißt Vinaigrette übrigens „French Dressing“ – Klingelt’s? – „Ranch Dressing“…

Ranch Dressing

Dabei handelt es sich um eine amerikanische Erfindung, die tatsächlich auf einer Ranch, bzw. in einem dort angesiedelten Restaurant entstanden sein soll. Die Zutaten sind in erster Linie Mayonnaise und Buttermilch, bzw. Saure Sahne oder Joghurt. Hinzu kommen Zwiebeln, Knoblauch und Kräuter. Paul Newman hatte wohl großen Erfolg in der Vermarktung einer „Newman’s Own Ranch Dressing“. Das Ganze läuft hier unter Joghurt-Salat-Mayonnaise, würde ich sagen…

Die meisten werden es ja wissen: Das wichtigste bei Mayonnaise, abgesehen davon, dass die Eier ganz frisch sein müssen, ist, dass Eier und Fett in etwa die gleiche Temperatur haben sollen. So wird sie zubereitet: Etwas Zitronensaft in ein Eigelb rühren. Dann tropfenweise ca. 125 ml Öl (hier Olivenöl) zugießen. Gerade zu Beginn ist tropfenweise wichtig, weil sonst die Mischung gerinnt. Wenn die Masse fest und mayonnaiseartig ist, nach Belieben Joghurt einrühren (ca. 125 ml). Würzen mit Salz, Pfeffer, Schnittlauch und – für die Ranch-Dressing – Zwiebeln und Knofi.

Dieser dickflüssige Brei kommt nun über den Salat und – naja – verklebt die Zutaten zu einer klumpigen Masse. Was hätte man anderes erwartet? Das Dressing verfälscht den Charakter des Salade Nicoise erheblich. er wird pappig und kletschig. Das Ganze wirkt eher wie bei Mac D. Und auch die Speckwürfel passen so gar nicht. Aber es ist ja auch Salade Nicoisée.

 

Château la Canorgue AOC Luberon 2019 weiß

Château la Canorgue Toute simplement IGP Vin de Pays Mediterranée 2016 weiß

Mit einem guten Wein lässt sich das Ganze natürlich irgendwie herunterspülen. Aber auch hier wurden wir an diesem Abend nicht so richtig glücklich. Wir wählten Weiß: einmal den einfachen AOC Luberon und dann den etwas hochwertigeren Toute simplement. Ersterer ist eine Cuvée aus Roussanne, Marsanne, Clairette und Bourboulenc von 2019, letzterer ein reiner Viognier von 2016. Beide sind enorm stark mit 13,5 und 14 Prozent, wobei der Alkohol im Bouqet gut eingebunden ist. Aber, ich fand beide von den Aromen her etwas unterentwickelt. Der AOC Luberon zeigt sich sehr zurückhaltend und etwas zu kurz. Eher nichtssagend. Der Viognier hingegen hat markante und reife, tropische Aromen, aber wirkt sehr einseitig und dadurch leider auch etwas langweilig.

Aber irgendwie passte der Wein zum Nicoisée und das Ganze zum Film, und es ergab sich ein rundes, wenn auch etwas mit Zweifel vermischtes Gesamterlebnis.

 

Hirsch Lemberger 2016

Wein

Wer — wie ich — Weine mit viel Biss gerne mag, der trifft mit Lemberger oder Blaufränkisch in Österreich genannte eine gute Wahl. Lemberger ist für mich der einzige deutsche Rotwein neben dem Spätburgunder, der etwas Struktur und Eleganz  verspricht. Heute bin ich im Jacques Weindepot über den Erzeuger Hirsch gestolpert, der mir bislang nichts sagte, wie die meisten seiner Kollegen aus Würtemberg. Bitte nicht als Ignoranz verstehen, aber ich hab wenig Bezug zum Ländle, anders als zu Baden oder Franken.

Der Lemberger von Christian Hirsch hat mir gut geschmeckt. Zuerst war er noch ein bisschen verschlossen, rauchig mit viel Biss. Auch der Auftakt ist bissig, etwas moussierend, pfeffrig mit nervige Säure und deutlichen Tanninen. Darunter eine leichte, beerige Süße, insbesondere Heidelbeeren. Aber auch schon ein bisschen tomatige Reife. Bitter im Abgang. Später öffnet er sich mit Kirschen und Johannisbeeren. Insgesamt ein frischer, strukturierter und stimmiger Wein. Aber nix für Schleckermäuler.

Hirsch Lemberger 2016
Qualitätswein
Deutschland/Würtemberg

Rot; Lemberger (Blaufränkisch)
13,5 % Alkohol; Ausbau z.T. im Barrique

Schnellsemmeln

Backen, Kost

Wenn es mal schnell gehen muss, lassen sich Semmeln innerhalb von etwa einer Stunde backen.

Für 4 Semmeln:

300g Mehl 550 (es geht auch 405er. Oder gemischt: ich hatte 150g 550er, 50g Vollkorn und 100g 1050er)
1 Trockenhefe (oder 1/2 Paket frische)
ca. 180-200 ml sehr warmes Wasser (höchstens 50 Grad)
7g Salz
25g Semmelbrösel (geht auch ohne)
15g Honig
20g Olivenöl

Die Hefe kurz in etwas warmem Wasser auflösen und mit dem Mehl verkneten. Dann die anderen Zutaten hinzugeben und so viel warmes Wasser, dass ein weicher Teig entsteht, der nicht reißt, wenn man ihn auseinanderzieht. Kurz gut durchkneten und stehen lassen. Wenn er anspringt, als beginnt aufzugehen, in vier Kugeln formen und auf ein bemehltes Backblech legen. Ca. 20 Minuten gehen lassen. Inzwischen den Ofen auf 230 Grad heizen. Am besten stellt man ein Schälchen Wasser hinein.

Dann das Blech in den Ofen schieben. Nach ca. 25 Minuten sollten die Semmeln fertig sein. Lässt man sie etwas länger drin, dann wird die Kruste dicker. Dann muss man aber irgendwann die Temperatur auf 190 Grad herunterschalten.

Bevor man das Blech in den Ofen schiebt, lassen sich die Semmeln auch verzieren, also mit etwas Wasser bestreichen und dann mit Sesam, Kümmel oder andere Gewürze bestreuen. Vorsichtig andrücken.

Besser ist es natürlich, den Teig länger zu kneten und länger gehen zu lassen, sowohl Geschmack als auch Konsistenz werden besser, aber das Ergebnis der Schnellsemmeln ist dennoch durchaus brauchbar.

Pouilly-Fumé Tonelum – 10 Jahre gereift

Wein

Pouilly-Fumé kann altern. Dieses Exemplar aus dem Jahr 2009 haben wir selbst aus Frankreich mitgebracht. Wir waren in Bourges, haben die Kathedrale mit ihren schönen alten Fenstern besichtig und in der Altstadt einen kleinen Weinladen entdeckt. Ein paar anderen Flaschen haben wir im Lauf der Zeit schon lange getrunken, aber den Tonelum beschloss ich einzulagern. 2009 war ein gutes Jahr für Pouilly-Fumé und im aktuellen Kleinen Johnson steht er noch als trinkbar markiert.

Und er war tatsächlich sehr gut zu genießen, durchaus sehr reif, aber er hatte noch keinen Stich. In der Farbe goldgelb, wie ein Sauvignon Blanc eben goldig werden kann. Der Wein begrüßt einen mit wuchtigen, milden Aromen, insbesondere Tropenfrüchte, Maracuja und Ananas, ein bisschen Honig und Kräuter. Mineralität, so er je welche hatte, konnte ich nicht mehr feststellen. Im Geschmack sehr mild und cremig mit geschmeidiger Säure. Wer gereifte Weine mag, findet hier ein sehr gelungenes Beispiel.

Caves de Pouilly-Fumé, Tonelum Des Vignerottes 2009
Pouilly-Fumé AC
Frankreich/Loire

Weiß; Sauvignon Blanc
13% Alkohol; Ausbau mit ein bisschen Holz

 

Frühlingskräuter-Pesto mit Pasta und Bergkäse

Kost

Pesto geht nicht nur mit Basilikum oder Bärlauch, sondern mit allen möglichen anderen Garten- oder Wildkräutern. Der oft bittere Geschmack wird durch das Öl sehr gut ausgeglichen und gemildert. Besonders schmackhaft ist das Kräuteröl jetzt mit den jungen Frühlingskräutern.

Kennengelernt haben wir das Rezept auf der Gufferthütte bei einer DAV-Fortbildung  über Bergpflanzen mit der Alpenexpertin Astrid Süßmuth, die uns hier viele Geheimnisse verraten hat. Bei uns im Garten haben wir leider keine Gämskresse, keinen Silberwurz und kein Gelbes Bergveilchen gefunden, aber:

Bärlauch (also doch)
Schnittlauch
Sauerampfer
Giersch
Brennnessel
Waldmeister
Kresse

Als zusätzliche Gewürze:
Limettenschale
Koriandersamen
Kreuzkümmel
Kardamom
eine Nelke

und ein paar Nüsse
Gutes Rapsöl

Bergkäse

Im ersten Schritt röste ich die Nüsse und trockenen Gewürze und mörsere sie klein.

Dann hacke ich die grünen Kräuter und die Limettenschale.

Alles wird vermischt …

… in ein Glas gefüllt und mit Öl bedeckt. Einfach, aber genial. Dazu passen Pasta, und bei so einem Genuss, lohnt es sich, die Nudelmaschine auszupacken. Die Nudeln kochen und sofort mit etwas Pesto mischen. Am Tisch kann sich dann jeder nach Geschmack zusätzlich davon nehmen und mit Bergkäse finalisieren.

Und klaro: Das Ganze schmeckt auch mit Olivenöl und Parmesan.

Mit Bergkäse überbackener und gerösteter Topinambur

Kost

Ich weiß, viele von Euch sind schon im Bärlauchmodus. Bei mir lag aber noch ein ganzer Schwung Topinambur im Boden, den ich noch ausgraben und verbrauchen wollte, eher er im Frühjahr beginnt, sich wieder völlig haltlos auszubreiten. Mit Bergkäse überbacken ergibt Topinambur ein köstliches Gericht, da die beiden strengen Geschmacksnoten sich sehr gut ergänzen. Hinzu kommt eine leichte Säure von der Zitrone und den Kirschtomaten. Dieses Gericht eignet sich als würzige Vorspeise oder mit Brot oder Reis als Hauptgericht (je nachdem, wie viel Topinambur man da hat.)

Die Mengenangaben sind nur so ungefähr, ergeben sich aber logisch aus der Backform, die man verwendet.

Ca. 500 g Topinambur
250 g Kirschtomaten
Eine Zitrone
Ein guter Klotz Bergkäse
Ein paar Zweiglein Thymian
Salz, Pfeffer und etwas Kümmel

Die Zitrone abreiben, Schale aufheben und dann den Saft in eine Schüssel mit Wasser geben. Den Topinambur schälen und in ca. 1 cm breite Scheite schnitzen, und die Schnitze sofort in das Zitronenwasser geben (sonst oxidieren sie und werden braun). Die gewünschte Backform fetten und den abgetropften Topinambur darin verteilen, würzen mit der Zitronenschale, Thymian, Salz, Kümmel und Pfeffer. Dann bei 200 Grad in den Ofen, bis der Topinambur weich ist und etwas angeröstet. Das dauert ca. 45 min.

Inzwischen den Käse grob schneiden und die Kirschtomaten halbieren. Wenn der Topinambur soweit ist, die Form aus dem Ofen holen und mit Käsescheiten belegen und zum Schluss die Tomaten locker darauf verteilen. Nun unter dem Grill kurz überbacken. Die Tomaten sollten am Schluss nicht komplett zermatsch sein.

Orientalisches Fladenbrot nach Ottolenghi

Backen, Kost

Das Grundrezept stammt von Yotam Ottolenghi, aus seinem berühmten vegetarischen Kochbuch. Es eignet sich als Begleiter zu allen arabischen oder auch indischen Gerichten. Ich kann es mir aber auch gut vorstellen zu einem heimischen Gulasch oder Braten mit einem exotischen Touch. Allerdings habe ich Ottolenghis Rezept etwas abgeändert und statt Vollkornmehl eine Mischung aus 550er und 1050er genommen. Letztendlich kann man die Mehlmischung frei wählen, denn das Brot muss ja keinen Stand erhalten, sodass keine Gefahr besteht, dass es wie bei einem Brotlaib zusammenfällt oder breit läuft. Deswegen darf auch der Flüssigkeitsanteil im Teig sehr hoch sein.

Hinzugefügt hab ich außerdem Zitronenschale und Kreuzkümmel. Sicher gut wäre auch Hefe, statt Backpulver, das hab ich aber (noch) nicht probiert.

Rezept für 8 bis 12 Fladen, je nach Pfannengröße

300g Mehl (Ottolenghi nimmt Vollkorn, ich habe 2/3 550er und 1/3 1050er genommen)
300g (griechischer) Joghurt
3 Tl Backpulver
1 Tl Kreuzkümmel
6 Tl gehacktes Koriandergrün (oder Petersilie)
Schale von einer Zitrone
Salz
Mehl zum Ausrollen
Öl zum Ausbacken

Zutaten gut durchmischen, es entsteht ein sehr weicher Teig (Mehl:Flüssigkeit = 1:1). Ein paar Stunden abgedeckt im Kühlschrank durchziehen lassen. Dann einzelne Teigklumpen mit viel Mehl ca. 2-3 mm dick ausrollen und ins heiße Fett geben. Von beiden Seiten kurz knusprig ausbraten. Das Fett sollte so heiß sein, dass die Fladen richtig knusprig werden, aber nicht so heiß, dass das Mehl vom Ausrollen anbrennt.

Sofort servieren, solange sie heiß sind, am besten einzeln nacheinander.

 

Variante Waffeleisen

Beim ersten Versuch, hab ich die Fladen im Waffeleisen gebacken. Der Vorteil ist, dass man den Teig nicht ausrollen muss und ordentlich Fett spart. Im Ergebnis werden die Fladen nicht so knusprig und für meinen Geschmack zu fad.

Château Bonneau von 1979 — ein Selbstversuch

Wein

Kann ein einfacher Bordeaux, zwar ein Haut-Médoc Cru Bourgeois, aber kein wirklich großer Name, kann so ein Wein nach 40 Jahren noch trinkbar sein, gar mit Genuss? Wir haben ernste Zweifel, die noch verstärkt werden, als wir die fragwürdige Lagerhistorie erfahren. Der Wein stand nämlich viele Jahre seines langen Lebens einfach aufrecht in der Küche eines heute auch anwesenden Freundes herum. Der hatte mich nicht ohne schlechtes Gewissen um Rat gefragt, ob so ein Wein unter derartigen Bedingungen noch trinkbar wäre. Auf diese Frage gebe ich immer die gleiche Antwort: Man weiß es erst, wenn man ihn probiert hat.

Die Verkostung des Sonderlings ist für alle Gäste des heutigen Abends ein denkwürdiger Moment, und eine ehrfürchtige, gespannte Still breitet sich aus, als die Flasche dann auf dem Tisch steht und alle Freunde sich mit ihren Gläsern in der Hand im Kreis drum herum aufgereiht haben: Was wird passieren, wenn der Korken herausploppt?

Meine Problem als derjenige, der mit dem Korkenzieher in der einen Hand die Flasche vorsichtig in die andere Hand nimmt, war dabei eher: Ploppt der Korken überhaupt oder zerbröselt er im Flaschenhals inwendig? — Aber er hält tapfer bis auf das letzte Fünftel, das unten abreißt, aber zum Glück keine Brösel in der dunklen Flüssigkeit am unteren Ende des Flaschenhals hinterlässt. Das Haarsieb kann ich beiseite legen.

Ein so alter Wein wird nicht gelüftet, sondern sofort auf Gläser verteilt und probiert, denn oft hat er nur ein paar Minuten lang ein beseeltes Bouquet und verfällt dann rasant und scharf schmeckend dem Essig und der Oxidation. So ist es denn auch. Ein paar Minuten strömt ein betörender Bordeaux-Duft aus dem Glas, wie eine Blüte, die sich kurz öffnet. Plötzlich löst sich die Stimmung in unserer Runde und wir diskutieren darüber, was wir riechen und schmecken. Der eine findet Zimt, der andere getrocknete Pflaumen oder Datteln. Über das edle Barrique sind sich alle einig und der Bonneau von 1979 hinterlässt uns einen deutlichen Eindruck seines alten Charmes. Ein bisschen Phantasie gehört dazu, ein paar Schlücke mit Ehrfurcht, dann geht er dahin und ein immer deutlicher sich durchbeißender Essigstich befördert seinen Rest in Kochweinecke.

Dennoch sind sich alle Anwesenden einig, dass der kurze Genuss bedeutender erschien, als erwartet. Wir fanden edle Aromen, einen feinen Geschmack und eine große Erleichterung, dass der Inhalt der Flasche noch nicht komplett verdorben war und seinen Sinn und Zweck nicht verfehlt hat, trotz sämtlicher widriger Umstände, eine Erleichterung ähnlich wie nach dem Besuch eines als schwierig geltenden Films, bei dem einen vorher begründete Bedenken quälen, dass er einem gefällt. Dann war es aber doch, obwohl die Bedenken sich zum Teil bewahrheitet haben, insgesamt ein toller Abend.

 

Gutturnio vom Aldi

Wein

DSC_0013Mit etwas Erstaunen bin ich beim Aldi über eine Flasche Gutturnio in der Restekiste gestolpert, der sich in der Angebotszeit trotz des hübschen Etiketts offensichtlich nicht verkauft hatte und den der Filialleiter nun preislich etwas herabgesetzt hat. Das wundert mich nicht, denn Gutturnio aus der Emilia-Romagna ist hierzulande nur bei wenigen Weintrinkern bekannt und selbst regelmäßige Sommergäste an der Adria stoßen dort eher selten auf diese Cuvée aus Barbera und Bonarda. Barbera ist vielen Weinfreunden ein Begriff von Weinen aus dem Piemont insbesondere Barbera d’Asti. Wenige verbinden diese Sorte aber mit Roten der Emilia-Romagna. Bonarda ist insgesamt hingegen weitgehend unbekannt und steht für verschiedene Traubensorten, in der Emilia für Uva rara, so schreibt es der kleine Johnson. Auf dem Etikett der Flasche finden sich bei den Standard-Angaben, die jeden Aldi-Wein zieren, hingegen Barbera und Croatina angegeben. Croatina wird laut Johnson auch manchmal Bonarda genannt, allerdings eher im Oltrepò Pavese in der Lombardei. Wer hat sich geirrt? Der Winzer? Der Autor des Johnson? Der Einkäufer beim Aldi? – Ein Blick auf die Homepage der Cantina in Villò di Vigolzone in den Colli piacentini löst das Rätsel auf: 60 Prozent Barbera und tatsächlich 40 Prozent Croatina.

Nun gut, geschmacklich zeigt sich der Wein von 2016 als ein sehr typischer Norditalienischer Roter und als ein klassischer Barbera, ungestört von der beigemischten Croatina/Bonarda: Er schmeckt säurebetont, würzig, hat wenig Tannin, aber hat einen ganz leicht bitteren Abgang. Auf der Zunge moussiert er zart und wiegt die Säure mit einer feinen beerigen Süße auf. Aromen: Himbeere, Kräuter leicht mineralisch und ein wenig Holz. Wer das mag – ich zum Beispiel – bekommt einen frischen, schmackhaften, ausgewogenen Norditaliener für wenig Geld.

Romagnoli, Gutturnio Colto Vitato della Bellaria  2016
Gutturnio Superiore DOC
Italien/Emila-Romagna

Rot; Barbera (60%), Bonarda (Croatina, 40%)
13% Alkohol; Ausbau im Stahltank

Überraschung mit Regent

Wein

 

Regent ist eine meiner roten deutschen Lieblingsrebsorten, denn sie besitzt viel Tannin, und mir ist ein eher kräftiger und rustikaler Landweintyp lieber, als ein süßlicher Schmeichler. Dieses Exemplar vom Bopparder Hamm bot mir eine besondere Überraschung: Ich hatte ihn am Freitag geöffnet, und wir haben die halbe Flasche getrunken. Wie zu erwarten war, ein frischer, leicht rustikaler, junger und kräftiger Roter. Die restliche Flasche hatte ich nur locker verkorkt und mir dann am Sonntag noch einmal vorgenommen. Das Ergebnis war erstaunlich, der Wein hatte sich für meine Begriffe gleich um eine Klasse verbessert. Es kamen sehr schöne Alterstöne zum Vorschein, wie getrocknete Tomaten und Karamell. Aber auch die Primäraromen waren noch sehr klar zu riechen, insbesondere Kirsche, Brombeere und schwarze Johannisbeere. Das hat eine runde, tolle Mischung ergeben.

Der Bopparder Hamm ist ein nach Süden ausgerichteter konkaver Hang am Mittelrhein, südlich von Koblenz, der insgesamt hervorragende Weine hervorbringt.

 

Volk Regent Bopparder Hamm 2016
Deutschland/Mittelrhein

Rot; Regent
13,5 % Alkohol

Mit Lisson Les Echelles ins Languedoc

Wein

Am Wochenende haben wir uns ein bisschen in das Languedoc entführen lassen. Von Iris habe ich noch eine Flasche Les Echelles gefunden, Jahrgang 2007, also stolze zehn Jahre alt. Les Echelles ist ein Bordeaux-Verschnitt, zeigt sich vom Charakter her aber ganz anders. Eher Languedoc, ein Südwein mit wuchtigem Aroma, Datteln, Tropenholz, Banane, Walnuss, schon sehr reif, orange Ränder, aber auch noch Biss, später Marzipan, Biss im Abgang, feine Säure, deutliche fruchtige Süße, sehr klare und ungewöhnliche Aromen.

Man sitzt im verhagelten Germering, im Kopf aber beginnt die Reise, man fährt bedächtig eine steinige, von Rosmarinhecken gesäumte Schotterstraße hinauf, das Seitenfenster heruntergekurbelt, riecht den harzigen Duft der Kiefern, der Zedern, hört die Zikaden sägen und schaut in den strahlend blauen Himmel über Südfrankreich.

Toleranz — ein abendländischer Wert

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Es gibt derzeit viele Stimmen, die sich auf die abendländischen Werte berufen. Hier eine Überlegung dazu:

„Also ist Toleranz die Quelle des Friedens und Intoleranz die Quelle der Verwirrung und des Gezänks.“

von Pierre Bayle (1647-1706). Das Zitat ist aus seinem Werk „Philosophischer Kommentar zu folgenden Worten des Evangeliums nach Lukas, Kapitel 14, Vers 23: ‚Und der Herr sprach zu dem Knechte: Gehe aus auf die Landstraße und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, auf dass mein Haus voll werde.'“ Mit dieser Schrift plädiert er explizit für religiöse Toleranz. Bayle war französischer Aufklärer und wendet sich gegen die Hugenottenverfolgung in Frankreich unter Ludwig XIV. Das Buch hat aber einen deutlich abstrakteren und allgemeingültigeren Anspruch, und es ist heute noch aktuell und lesenswert. Bayle vertrat zudem als erster Philosoph die Meinung, dass auch Anders- und Nichtgläubige ein moralisch richtiges Leben führen können. Das hat ihn seinen Lehrstuhl in Rotterdam gekostet.

Wer über abendländische Werte redet, dem sollte klar sein, dass es dabei seit der Antike im Denken immer um ein Ringen um Rationalität ging. Menschen treffen — um bei Bayle zu bleiben — auch religiöse Entscheidungen mit dem Verstand, weil es eben Entscheidungen sind. Ein Mensch entscheidet sich beispielsweise dafür, sich total einem Dogma zu unterwerfen (bei Bayle die Unterwerfung unter die wörtliche Auslegung der Bibel, was er in seinem Kommentar gelehrt widerlegt). Die Vernunft ist bei jeder moralischen Entscheidung beteiligt, und der Mensch ist frei, sich anders zu entscheiden.

Die Geschichte der abendländischen Werte ist für mich eine Entwicklung zum freien, offenen und vernünftigen Denken, und so etwas wie ein intolerantes „gesundes Volksempfinden“ hat darin keinen Platz. Ich glaube, die meisten der lautstarken Mitbürger, die derzeit abendländische Werte für sich beanspruchen, haben sich nie ernsthaft damit befasst, und wir sollten ihnen nicht die Diskurshoheit überlassen. Es gibt eine starke, tiefverwurzelte, freiheitliche, aufgeklärte, rationale, humanistische und tolerante Tradition im abendländischen Denken, die für mich weitaus abendländischer ist, als all das, was ich an dieser Stelle gar nicht wörtlich wiederholen möchte.

Umfrage zur vernetzten Küche

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Die Produktentwickler der Elektrogeräteindustrie träumen von Kochplatten, die sich die Rezepte aus dem Internet laden, und von Kühlschränken, die es merken, wenn der Salat anfängt zu gammeln. Sieht so die Küche der Zukunft aus? Beflügelt das die Phantasie beim Kochen oder ist es ein Kreativitätskiller?

Ein Freund von mir hat für die Medienhochschule in Stuttgart im Rahmen des Projekts SmartKitchen eine Umfrage dazu entwickelt. Das Projekt ist vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und läuft in Zusammenarbeit mit Firma E.G.O. Elektro-Gerätebau Oberderdingen.

Die Umfrage ist anonym, nur wer einen Einkaufsgutschein gewinnen will, kann seine Mail-Adresse angeben. Bitte macht mit, egal, ob Ihr der Meinung sein, das ist genau das, worauf Ihr gewartet hab, oder das braucht kein Mensch:

http://ww3.unipark.de/uc/engeln_Hochschule_der_Medien/2eb4/

Danke!

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